Zu DDR-Zeiten war an der Ecke Limburger Straße / Phillip-Müller-Straße ein großer Braunkohleberg. Wenn die dort mit ihrer kleinen Raupe drauf rumgekurvt sind, hat Plagwitz und Kleinzschocher gehustet. Da fuhr auch noch so eine kleine blaue Lok, quer über die Phillip-Müller-Straße, die das Zeug angeliefert hat.
Nach der Wende ist die DDR-Firma Pleite gegangen worden und erstmal passierte jahrelang nichts. Die Straße wurde umbenannt in Zschochersche Straße – ein kommunistischer Student der bei der Bundesjugendkarawane Essen von der Polizei erschossen wurde, war wohl nicht mehr zeitgemäß. Dann wurden auf dem Areal Hallen und Häuser vermietet: Conrad Electronic, PLUS, DOMÄNE und andere mieteten sich ein. Direkt an der Ecke, dort wo früher der Kohleberg war, entstand dann eine SHELL-Tankstelle und gleich dahinter eine kleine Waschstraße.
Am Anfang, in dieser Zeit fuhr ich noch Auto, hat mir die Tankstelle überhaupt nicht gefallen: das Benzin teuer und Ersatzteile gab es nicht. Das Einzige was ich gekauft habe, waren Zigaretten. Ziemlich regelmäßig. Irgendwann wurde umgebaut und umgelabelt.

Später – inzwischen Nichtraucher und Radfahrer – wurde andere Sachen interessanter: die warmen Brötchen zum Frühstück, Kaltgetränke im Sommer, Bratwurst zum Grillen, Eis um Mitternacht. Und natürlich die beste Bockwurst der Welt. Hier gab es den ersten Leipziger Twitter-Treff – als es noch nicht X hieß und sich die Leute persönlich kennenlernen wollten.
Im November 2010 hat ORLEN diese OMV-Tankstelle (und andere) erworben. Geplant war ein Rebranding auf „STAR“. Dazu wäre ein neuer Pachtvertrag nötig gewesen und dass hat nun nicht geklappt. Vorher sind vom Areal schon CONRAD, PLUS und andere Firmen verschwunden. Verschiedene Gebäude wurden abgerissen und ein Schild verspricht Neubauten mit seniorengerechten Wohnen.
Nun muss also auch die OMV dran glauben. Am 28. September, 6:00 Uhr, ging endgültig das Licht aus. Ich stellte mir meinen Wecker, ging rüber in der Tanke und kauf mal noch irgendetwas. Ich war einer der ersten Kunden und nun werd ich auch einer der letzten sein. Mir wird doch einiges fehlen: natürlich die bequeme Einkaufsmöglichkeit vor der Haustür, aber auch einige der Leute die dort gearbeitet haben. Und überhaupt: die ganze Gegend wird nun ein wenig toter sein.
Auf Wiedersehen, kleine Tankstelle! Allen Mitarbeitern alles Gute!

Nachtrag: Die Tankstelle sollte dann doch als TOTAL wieder öffnen. Nein, es war nicht mehr dasselbe. Man merkt schon ob Mitarbeiter mit Liebe ihren Job machen oder schlecht bezahlte Menschen ihre Zeit absitzen.