Mammutmarsch Leipzig (2025)

Im Jahre 2006 zogen zwei Typen namens Philipp und Bastian auf eigene Faust los, um 100 Kilometer zu wandern. Blasen, Schmerzen, Flüche und Tränen. In exakt 24 Stunden erreichten die Beiden die 100-Kilometermarke. 2013 wurde es zu einer Veranstaltung: 100 Kilometer in 24 Stunden. Das ist kein gemütlicher Sonnabendnachmittagsspaziergang! Inzwischen werden die Teilnehmenden aber auch über 30, 42, 55 und 60 Kilometer gequält. Und außerdem wird man mit einem furchtbar niedlichen Plüsch-Mammut gelockt.

Galopprennbahn Scheibenholz

Und so hab ich mich halt locken lassen: Nach meiner Wanderung auf dem Harzer Hexen-Stieg, hab ich mich am 13.12.2024 für die 30 Kilometer beim Mammutmarsch am 1.3.2025 in Leipzig angemeldet. Aber natürlich nur mit einem Plüsch-Mammut. Durch was sollte man auch sonst motiviert werden. Übrigens ein leeres Versprechen der Veranstalter: es gab kein kostenloses Mammut aus Plüsch. Mmh, auf was hab ich mich da nur eingelassen. Zwei Wochen vor dem Event habe ich die 30-Kilometer-Strecke schon erwandert und lag knapp über 6 Stunden. Diesmal wollte ich schneller laufen.

Galopprennbahn Scheibenholz

Im Februar hatte ich mich dann für Startgruppe 7, gegen 08:20 Uhr, angemeldet. Sonst waren nur noch 6-Uhr-Startzeiten übrig, was mit meiner vortägigen Arbeitszeit ziemlich ungünstig gewesen wäre. Am 1.3.2025 ging es dann nach nur 4 Stunden Schlaf zur Galopprennbahn. Früh waren es 3°C und bis 14:00 Uhr sollten es 7°C werden. Nach dreimaligen „Mammut“ und „Marsch“ und einem Countdown ging es dann auf die Strecke.

Start

Der Weg führte erstmal zur und über die nördlich gelegenen Sachsenbrücke, die das Elsterflutbecken überquert. Nun ging es auf einem breiten Asphaltweg am östlichen Ende des kleinen Parks „Der Nonne“ nach Süden und dann an der Ampelkreuzung über den „Schleußiger Weg“. Ich lief am Anfang ein bisschen schneller und machte mir Musik ins Ohr. Aus unerfindlichen Gründen ging nur der rechte Ohrhörer.

Elsterflutbecken

Nun ging es direkt am Elsterflutbecken entlang. Das ist eine Hochwasserschutzanlage und gehört zum Leipziger Gewässerknoten – eine Aufteilung der Flüsse Weiße Elster, Pleiße und Parthe in mehrere Arme und die Vernetzung im Mündungsbereich. Der Weg am Ufer mit Rollsplit gehört zu meiner persönlichen Schuhteststrecke. Auch einen Fahrrad-Schlauch hat diese Strecke schon auf dem Gewissen. Hier holten wir die letzten Wanderer der vorherigen Startgruppe ein.

Kanu-Club

Am Ende trifft man auf den Leipziger-Kanu-Club, Landesstützpunkt des Sächsischen Kanu-Verbandes, Bundesstützpunkt des Deutschen Kanu-Verbandes und Ausrichter zahlreicher auch internationaler Wettkämpfe und Meisterschaften, die allerdings im Kanupark am Markkleeberger See stattfinden. Ihr ist das Teilungswehr (ein Teil des Elsterwassers fließt hier ins Elsterflutbecken) und das Ende des Oberen Elsterflutbeckens. Zu sehen waren zwei Canadier – das sind die Boote in denen man kniet.

Canadier auf der Elster

Wieder eine Ampelkreuzung und dann geht es neben dem Damm des Oberen Elsterflutbecken einen weiteren Kilometer nach Süden. Manche nannten es Wandern, andere Schlammwaten. Das Obere Elsterflutbecken ist nur bei massiven Hochwasser wasserführend. Da man einen weiteren der südlich von Leipzig gelegenen Seen mit dem Wasser der Elster fluten kann, liegt das Obere Elsterflutbecken schon seit Jahren trocken und so können wir auch zum Cospudener See durchlaufen.

Dann ging es am Nordufer des Cospudener See, teilweise auf einem Bohlenweg, weiter nach Osten zur Stadt Markkleeberg zum Kees’schen Park. Der Park, am ehemaligen Standort einer altes Ritterburg, steht heute unter Denkmalschutz, ist Landschaftsschutzgebiet, Sanierungsgebiet und Europäisches Vogelschutzgebiet. Der Park ist tagsüber größtenteils für die Öffentlichkeit zugänglich und beinhaltet auch das Kinderhospiz Bärenherz. Und den Versorgungspunkt 1, an dem ich einen Becher Cola trank. Es war sehr voll und überall waren Schlangen.

Versorgungspunkt 1

Dann geht es weiter durch die folgenden Kleingartenanlage auf dem Equipagenweg, der durch seine sehr bunte Bebauung auffällt. Der Wanderweg führt hier fast einen Kilometer geradeaus, was psychologisch etwas bremst. Der Equipagenweg führt direkt in den Elster-Pleiße-Auwald, genauer in den Wolfswinkel. Biegt aber gleich nach rechts, wo es an einem der letzten Holz-Sitz-Pilze aus der DDR-Zeit vorbei, zur Koburger Straße weitergeht.

Holzpilz

Dort ist auch das 1898 erbaute Forsthaus Raschwitz. Seit 1997, nach einer sehr durchwachsenen Geschichte, ist es nun wieder ein beliebtes Ausflugslokal. Die MM-Markierungen führen nun zum Fluss Pleiße und weiter nach Süden. Dort folgt der Herfurth-Park, der heute AGRA-Park genannt wird. Der Zeitungsverleger Herfurth erwarb Ende des 19. Jahrhunderts einen Teil des ehemaligen Guts Raschwitz und errichtete dort einen Sommersitz mit ausgedehnter Parkanlage. Das „Weiße Haus“ konnte man kurz erspähen, bevor die Strecke über eine Pleißebrücke in den Ostteil des Parkes führt. Hier überholte mich (wieder) der Mann mit dem Waniki-Rucksack. Ihn hatte ich mir als „Zugpferd“ herausgesucht.

Weißes Haus im AGRA-Park

Wir waren nun wieder in Leipzig, der Parkteil auf der anderen Flussseite gehört noch zur Stadt Markkleeberg. Hier ist die Parkgaststätte, die der Weg umrundet und dann durchs Dölitzer Holz zum Torhaus Dölitz führt. Das Torhaus ist der bauliche Rest eines Schlosses, welches 1636 vom Leipziger Handelsherren Winckler erworben, erneuert und umgebaut. Es ist das letzte Gebäude aus der Völkerschlacht zu Leipzig, damals war es ein französisches Hauptquartier. Heute ist es ein Zinnfigurenmuseum mit 100.000 Zinnfiguren und zum Mammutmarsch der zweite VP. Hier war es mir erst Recht zu voll und ich trank nur einen Becher Wasser.

Am Versorgungspunkt 2 – Torhaus Dölitz

Nun ging es zur Bornaische Straße, den Floraweg und die Friederikenstraße den Berg hinauf. Der Hund am Floraweg, der eigentlich immer alle Menschen anbellt, lag völlig fertig im Gras. Vermutlich war es ihm heute zu viel. Weiter zum ehemaligen Schacht Dölitz. Einige Berichte über die vorjährigen Mammutmärsche sprachen von Erzbergbau. Das ist falsch: es handelt sich tatsächlich um eine Braunkohlentiefbaugrube, die bis 1959 noch Braunkohle lieferte. Später war hier das Institut für Bergbausicherheit und nach der Wende die Stiftung Bildung & Handwerk. Seit einigen Jahren auch eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge.

Schacht Dölitz

Nun geht es wieder sehr lange geradeaus durch den Erholungspark Lößnig-Dölitz (über dem ehemaligen Grubenfeld des Schachtes Dölitz). Unterbrochen wird die Aneinanderreihung der langen Wege, genannt „Zum Förderturm“, durch die Leipziger RC-Rennstrecke. Dort kann man aber auch Skaten oder Radfahren oder andere Sachen machen. Zum Beispiel Vorbeiwandern. Nächstes Highlight: das Bruno-Plache-Stadion des 1. FC Lokomotive Leipzig, der am Vortag in Zwickau verloren hatte. Immerhin ist man Tabellenführer.

Bruno-Plache-Stadion

Weiter geht es ein Stück die Prager Straße Straße entlang, wo eine Kolonne mit sechs altertümlichen Traktoren vorbeituckerte. Dann eine Rampe hinauf zum Völkerschlachtdenkmal. Dies wurde zum Jahrestag des entscheidenden 18. Oktobers 1813 der Völkerschlacht genau 100 Jahre später eröffnet. Es gibt eine Krypta mit interessanten Nachhall, eine Aussichtsplattform, die man über eine Wendeltreppe erreichen kann und eine gestreute Treppe, auf der man nach unten steigen kann. Dort ist der See der Tränen. Und genügend Sitzplätze für die Leute mit Blasen.

Hier zog ich den völlig durchgeschwitzen Pullover aus und wanderte im Unterhemd unter der Winterjacke weiter. Ich war viel zu warm angezogen. Die Haare waren auch nass. Weiter nun durch den kleinen südlichen Teil des Wilhelm-Külz-Parks. Hier stand einst die Quandtschen Tabaksmühle, die 1743 vom Leipziger Kaufmann Quandt errichtet wurde und an der 1813 Napoleon I. den Rückzugsbefehl seiner Truppen zur Leipziger Völkerschlacht erteilte. Daran erinnert ein Gedenkstein. Die Tabaksmühle brannte noch am selben Abend vollständig ab. Die Straße, auf welcher ich nun entlangwanderte, heißt heute „An der Tabaksmühle“.

Napoleonstein (Quandtschen Tabaksmühle)

Nun bogen wir nach links in den Stadtteil Marienbrunn. Im vorher durchwanderten Wilhelm-Külz-Park befindet sich in einem Hohlweg die steinerne Fassung der ehemaligen Marienquelle, der Heilkräfte nachgesagt wurden und dem Stadtteil den Namen gab. Der ältere Teil der Gartenstadt wurde 1913 anlässlich der Internationalen Baufach-Ausstellung erbaut. Der neuere Teil, Mariental, wurde ab 1927 gebaut. Wir überquerten nach dem Rotkäppchenweg auch die „Märchenwiese“ unter der der verrohrte Trenkengraben verläuft. Hier sind Straßen mit den Märchennamen. Auf der nächsten Straße das beliebte Fotomotiv: das 20-Kilometer-Schild. Schnell oder langsam: ein Kilometer bleibt ein Kilometer.

Weiter, am DDR-Neubaugebiet Lößnig vorbei, geht es über eine Fußgängerbrücke über die Gleise der S-Bahn und des Güterringes nach Connewitz. Hier gab es Verwirrung, die Strecke war nach Rechts ausgeschilder, die GPX-Navigation zeigte nach links. Ich ging nach links zum ehemaligen Dorfanger und Rittergut (später Herrensitz und Klostergut, heute Jugendeinrichtung). Die Prinz-Eugen-Straße ist auf der linken Seite auch eine schöne Schuhteststrecke. Danach unterquert der Wanderweg die Bundesstraße und führt direkt in die Pleißenaue.

Rittergut Connewitz

Hier geht es nun wieder nach Norden. In der Pleißeaue überquerten wir den Mühlgraben und gelangten zur Sportanlage „Neue Linie“ der SG Leipziger Verkehrsbetriebe 1945. Und einem dritten VP. Ich hatte inzwischen starke Ermüdungserscheinungen und beschloss, hier eine längere Pause zu machen. Es gab Cola und ich futterte von den eingepackten Schokoriegeln. Ich sollte das meiste eingepackte Zeug wieder mit nachhause nehmen. Nach dem Aufstehen brauchte ich fast zehn Minuten, um wieder halbwegs in den Schritt zu kommen.

Versorgungspunkt 3

Nach der Sportanlage geht es direkt an der Pleiße über eine Fußgängerbrücke weiter zum Pleißewehr. Hier teilt sich die Pleiße und fließt, teilweise verrohrt, durch das Stadtzentrum. Das meiste Wasser fließt ins Pleisseflutbecken, an dessen linker Seite wir weiterlaufen, bis es mit dem Elsterflutbecken zusammenfließt. Hier sind wir nun circa 200 Meter südlich des Startpunktes. Wir laufen nun auf der östlichen Seite der Galopprennbahn Scheibenholz, auf der seit 1867 Rennen ausgetragen werden. Ich lief einfach den anderen Wanderern hinterher.

Weiter geht es zum Musikviertel, wo die Straßen die Namen von Komponisten tragenund dann zum Bundesverwaltungsgericht. Hier war früher das Reichsgericht, in dem u.a. der Prozess zum Reichstagsbrand stattfand. Später war hier das Georgi-Dimitroff-Museum und heute das BVG. Hinter der hier freigelegten Pleiße war das Neue Rathaus zu sehen. Es ist seit 1905 Sitz der Leipziger Stadtverwaltung. Nun ging es noch am amerikanischen Konsulat vorbei.

Bundesverwaltungsgericht

Nun führte der Weg noch durch den Johannapark zurück zur Galopprennbahn Scheibenholz und damit ins Ziel. Da wurde noch die kleine Brücke mitgenommen und eine Straße gekreuzt, bevor es dann auf einer langen Gerade am Elsterflutbecken durch das Ziel ging. Finisher-Medaille aus Metall mit Holzmammut. Finisher-Band. Urkunde. Noch hundert Meter weiter: Finisher-Cola, Stempelheft und Plüsch-Mammut – das ich nun selber kaufte. Dann zwei Kilometer nachhause.

Der lange Weg zum Ziel

Fazit: Sehr anstrengend. Obwohl ich die Strecke schon gelaufen bin, war es diesmal am Limit. Auf jeden Fall zu warm angezogen. Die Hoka haben an den üblichen Stellen zwei Blasen erzeugt, da haben leider auch Wright-Socks und Blasenstopper nicht geholfen. Ziemlich schwierig ein persönliches Tempo zu finden, wenn andere schneller/langsamer laufen. Ich habe mir dann einfach andere Wanderer gesucht und habe versucht da dranzubleiben. Überall zuviele Leute: anstehen nach Getränk, anstehen nach Gurke und anstehen am Klo. Auf vielen schmalen Wegen war es schwierig jemanden zu überholen bzw. das war sehr ermüdend.

Am Ende war ich in 14:10 Uhr im Ziel, also nach 5 Stunden und 50 Minuten. Ohne die Pause wären es 20 Minuten weniger gewesen. Insgesamt waren 9000 Teilnehmende am Start. Auf der 30-Kilometer-Strecke sind 90% im Ziel angekommen. Wie auch immer, das Plüsch-Mammut hat einen Ehrenplatz bekommen.

Ein Video von der 30-Kilometer-Strecke gibt es bei Jens on Tour.

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