Megamarsch Hamburg bei Nacht
Mein dritter Megamarsch vom 9. bis 10. August 2025, wieder über 50 Kilometer, war ein Nachtmarsch in Hamburg. Da ich gerade im Urlaub war, hatte ich ein bisschen Geld in die Hand genommen und die Hinfahrt mit ICE-Direktverbindung und Rückfahrt mit ICE/IC gebucht und in Hamburg ein Zimmer im Hotel International von Sonnabend bis Montag. Das Hotel International war natürlich in der Nähe des Starts und Ziels am Entenwerder. Das steht in der Nähe des Elbtowers, wird aber am Jahresende geschlossen. Naja, der Charme der 1970er wehte durchs Gemäuer – das Personal war aber sehr bemüht.


Ich wollte in Leipzig noch ein bisschen ausschlafen und nahm den Direkt-ICE ab 10:16 Uhr mit Ankunft 14:11 Uhr in Hamburg. Der Zug hatte nur 40 Minuten Verspätung. Dort ging es mit der S-Bahn S2 nach Rothenburgsort und zu Fuß ins Hotel. Bis zum Start 19:00 Uhr war noch etwas Zeit: zweieinhalb Stunden, deshalb gab es noch einen Power Nepp. Nach einer schlechten Nacht und einem anstrengenden Tag im Zug schwante mir schon, dass es ein anstrengender Marsch werden würde.



Aber: Ein Fuchs muss tun, was ein Fuchs tun muss. Vom Hotel aus waren es nur wenige Minuten bis zum Start im Elbpark Entenwerder. Wanderpass abgestempelt und Startband am Rucksack befestigt. Der Start ist dann geglückt, was sollte er auch sonst. Es ging erstmal zum Sperrwerk der Billwerder Bucht. Die Billwerder Bucht ist der ursprüngliche Verlauf der Elbe vor 1879. Damals wurde die Elbinsel Peute zur Begradigung durchstochen und so entstand das Nebengewässer.



Über das Sperrwerk gelangten wir zur Elbinsel Kaltehofe die beim Durchstich der Norderelbe von 1879 entstand. Die Insel liegt zwischen Billwerder Bucht und Norderelbe. Der Wanderweg führte auf dem Kaltehofe-Hauptdeich. Die Stiftung Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe versucht hier das Wasserwerk auf der Insel zu erhalten. Die Insel sollte er Filterung des Elbwassers dienen und hat lauter kleine rechteckige Wasserbecken. Und eine Pride-Flagge. Und einen toten Baum mit einem Vogel.



Dann ging es unter der Autobahn A1 zum Moorfleeter Hauptdeich. Danach ging es an der Dove-Elbe (einem „tauben“ Nebenarm der Elbe) weiter. Dort waren einige Yachten verankert. Was die Schilder „Rettet die Dove-Elbe“ bedeuten weiss ich nicht, aber plötzlich kreuzen zwei Polizisten mit einer aufgeregten Frau den Weg und ein ADAC-Hubschrauber suchte einen Landesplatz. Dann bogen wir nach Norden ab, sonst hätten wir die Pferdeschwemme, Hamburgs offizieller Badeplatz für Pferde und Hunde, gesehen.



Nördlich des Eichbaumsees ging es dann zur nächsten Autobahn, der A25. Dann irgendwann der VP 1. Kurz davor das 10-Kilometer-Schild. Der VP war leider ein Reinfall. Keine ordentliche Möglichkeit zu sitzen. Ich hatte ja die Outdoor-Hosen an und setzte mich ins Gras. Ein bisschen Essen und ein halbe Flasche isotonisches Blaugetränk. Irgendwo sang jemand „Africa“ von Toto. Danach machte ich weiter, der Künstler war übrigens nirgens zu entdecken.



Dann wurde es irgendwann ganz dunkel und ich setzte die Stirnlampe auf. Leider war sie so tief im Rucksack vergraben, dass ich tatsächlich anhalten und den ganzen Rucksack auspacken musste. Meist ging es auch ohne Lampe, aber manchmal war der Weg auch mit Stolperfallen übersäht. Auf den Single-Trails gab es auch viele Brennnesseln. Weiter nach Billstedt – da könnte man einen eigenen Beitrag schreiben.
Ein Nachtmarsch hat übrigens den Nachteil, das es dunkel ist. Man sieht nicht allzuviel und Fotos sind auch ein bisschen schwierig. Daher gibt es diesmal hier nur einige wenige Fotos. Bei VP 2 hätte man sich dann hinsetzen können: Hein-Klink-Sportplatz. 2017 wurde hier in 40cm Tiefe ein 4x4m Hackenkreuz gefunden. Ich saß auf den Stufen zum Sportplatz, da ich mal kurz die Schuhe ausziehen wollte. Ich hatte eine Gurke gegriffen. Dann ging es weiter.


Dann ging es nach Norden zum Öjendorfer See, über die A24 nach Jenfeld, zum Jenfelder Moorpark und weiter nach Tönnefeld zum Friedhof. Hier führte der Wanderweg entlang der Wandse weiter. Die Wandse ist ein kleines Flüsschen das später als Eilbek und Eilbekkanal in die Außenalster mündet. Zwischen Kilometer 20 und 30 hatte ich ein deutliches Formtief und beschloss beim VP3 und VP4 jeweils eine halbe Stunde Pause zu machen.
Wir gelangten dann nach Wandsbek. Dort auf dem Marktplatz war dann der dritte VP. Ich machte eine halbe Stunde Pause. Das war wirklich eine gute Idee, mir ging es deutlich besser als vorher. Es wurde auch deutlich kühler und der Schweiß trocknete auf der Haut. Meinen mitgebrachten Pullover habe ich nicht gebraucht, es war noch angenehm. Es ist schon interessant, dass man sich durchgeschwitzt bei 14°C keine Erkältung abholt. Am Nachmittag waren noch 24°C.
Der Weg führte nun zurück zur Wandse, die nun ab dem Mühlenteich Eilbeck hieß. Nun ging es durch parkähnliche Landschaften zur Außenalster. Die Außenalster ist, zusammen mit der Binnenalster, der Alstersee, der durch Anstauung mittels Damm entstand. Die Alster, dann Alsterfleet, fließt dann an der Ebphilharmonie in die Elbe. Wir liefen um den Alstersee und dann zum Alten Botanischen Garten und nördlich der Bahnstrecke zum Sternschanzenpark.


Am Sternschanzenpark war dann der VP 4. In Schrödingers Hamburg stand erstmal eine lange Schlange an der Toilette, aber ein Platz mit Kissen auf einem Holzpodest war noch frei. Ich machte dann doch nicht so lange Pause, da ich nun doch noch beschloss, das Ganze in unter elf Stunden zu schaffen. Nein, eigentlich wollte ich schnell weiter, da ich befürchtete auf den Kissen wegzuschlafen. Es folgte der Funkturm, eine Bahnunterführung, der Park „Planten un Blomen“ (Pflanzen und Blumen), wo ich mal vor etlichen Jahren ein Jazz-Konzert besuchte, als ich mit dem Fahrrad durch Hamburg fuhr.


Große Buchstaben, grelle Farben, die mir sagen, dass sie Kabelfernsehen haben. Koomot hat sich bei diesem Marsch ziemlich blamiert. Die Wegansagen kamen verspätet und die letzten zehn Kilometer bekam die Komoot-Dame dann die Redekrankheit. Kurz vor den Landungsbrücken wiederholte sich dann die Geradeaus-Ansage zehnmal. Ich lies mich zu dem Spruch „Frau redet, Wind weht“ hinreißen, die Frauengruppe hinter mir wiederholte nochmals die Komootansage. Gute Stimmung.



Dann ging es weiter zu den St. Pauli Landungsbrücken. Dann zum Sandtorkai und zum Zollkanal, an der Einmündung der Billie vorbei zum Elbtower. Das ist ein bislang unvollendetes Hochhaus von der Signa Holding des Österreichers René Benko. Signa ist Pleite, Benko sitzt im Knast und die DB hat wegen Senkungsschäden einen Baustopp erwirkt. Dann ging es an meinem Hotel vorbei mit einem kleinen Umweg zum Ziel im Elbpark Entenwerder.



Das Ziel erreichte ich dann nach 10 Stunden und 48 Minuten mit 4,7 km/h. Bei Zeit in Bewegung hat Komoot dann Recht lustig gerechnet: 7 Stunden und 43 Minuten mit 6,5 km/h. Sehr witzig. Medaille, Wanderpass, Cola und Waffel. Dann zurück zum Hotel. Dort guckte ich mir meine zwei Blasen an, ging duschen und frühstücken. Dann ins Bett. Die Rückkehr begann mit einem ausgefallenen ICE. Ich war schon sehr zeitig im Hotel aufgebrochen und fuhr nun einfach 20 Minuten eher mit einem ICE direkt nach Leipzig, ohne Umstieg in Hannover. Wo sind meine Leute da draussen?