Am 2. Oktober 2025 war ich in Berlin. Dort wollte ich am Berlin-Marsch teilnehmen und hatte am Anreisetag noch etwas Zeit für eine kleine Stadtwanderung. Vom Verein Stramme Wade gibt es einen permanenten Wanderweg durch die hundertjährige Hufeisensiedlung, den ich mir herausgesucht hatte. DVV-Stempel kann man ja immer gebrauchen. Also Gepäck ins Schließfach am Berliner HBf und mit drei U-Bahnen (5,6,7) zum Start nach Britz. Das war erstaunlich unkompliziert.

Die Wanderung beginnt direkt bei der Bäckerei Caliskan am Hufeisen in der Fritz-Reuter-Allee. Ich kaufte erstmal zwei große Zuckerteile. Die Hufeisensiedlung (eigentlich Großsiedlung Britz) ist eine Siedlung des sozialen Wohnungsbaus, die ab 1925 gebaut wurde und seit 2008 UNESCO-Welterbe unter dem Namen „Siedlungen der Berliner Moderne“ ist. Dazu gehören noch die Gartenstadt Falkenberg (Tuschkastensiedlung), die Siedlung Schillerpark, die Wohnstadt Carl Legien, die Weiße Stadt und die Siemensstadt.



Die Wanderung führte nun aber erstmal auf die gegenüberliegende Straßenseite zur Krugpfuhlsiedlung. Diese wurde ebenfalls ab 1925 errichtet, aber in deutlich traditionellerer Formensprache entworfen – dem „Deutschen Heimatstil“ und von einer anderen Wohnungsbaugesellschaft. Architekten waren Ernst Engelmann und Emil Fangmeyer. Ab der Buschkrugallee ging es dann zu den Kleingärten. Hier auf dem idyllischen Gartenweg futterte ich erstmal die Pfannkuchen aus der Bäckerei. Auf der (alten) Späthstraße ging es dann zur alten Späthbrücke am Teltowkanal.



Die Späthbrücke ist eine genietete Fachwerkbrücke mit einem niedlichen Schmuckgeländer. Die Brücke wurde durch eine neue Späthbrücke ersetzt und ist für Fußgänger- und Fahrzeugverkehr gesperrt. Da sie unter Denkmalschutz steht, wird sie aber nicht abgerissen, sondern darf dort weiter stehen. Auf der anderen Seite des Weges am Kanal eine Kleingartenkolonie nach der anderen: „Britz am Wiesenweg“, „Ideal III“, „Britzer Wiesen“ und „Sonntagsfreude“. Der Kanal verbindet die Spree-Oder-Wasserstraße (Dahme und Spree) mit der Unteren Havel-Wasserstraße (Havel). Am Ende wartete ein Parkplatz mit einem Baum und dem Schild für den ersten Kontrollpunkt.



Weiter ging es auf dem Hochspannungsweg. Der Weg liegt entlang der Trasse einer im Juni 1918 in Betrieb genommenen und ab 1930 abgebauten Hochspannungsleitung vom Kraftwerk Zschornewitz zu einem Aluminiumwerk. Später wurde dort ein Fußweg angelegt, der den lustigen Namen bekam. Dann gab es wieder Häuser, ein Krankenhaus und zwei Hochhäuser auf dem Otto-Wels-Ring. Beim ersten Hochhaus war die Eingangstür kaputt, am zweiten Hochhaus saßen Menschen vor der Tür. Arbeit und Bildung kann man uns nehmen, die Ehre nicht.



Nun ging es wieder auf den Hochspannungsweg. Hier warnten Schilder vor der Eichen-Prozessionsspinnerin. Die kleine Raupe hat gefährliche Brennhaare mit Widerhaken, die ein Nesselgift (Thaumetopoein) enthalten. Die Brennhaare gibt es nur im dritten Larvenstadium (Mai und Juni) – also nicht im Oktober. Und nächstes Jahr gibt es den Weg beim DVV nicht mehr. Dann ging es auf einem mit handgeschriebenen Warnzetteln versehenen Weg neben den Bahngleisen zum Buckower Damm. Dort wartete der zweite Kontrollpunkt mit einem Zettel am Baum.



Der Wanderweg führte nun durch den Wald, der Komoot-Track war hier etwas seltsam, und dann zum Gutshof Britz. Hier gibt es historische Tierhaltung, Fahrradständer und eine Freilichtbühne. Ein Museum im Ochsenstall zeigt demnächst eine Graffiti-Ausstellung. Um die Ecke dann das prächtige Herrenhaus Britz, welches am Anfang des 18. Jahrhunderts gebaut. Dort wollte eine Frau im weißen Kleid dringend heiraten. Ich bin dann mal schnell weitergegangen. Nun ging es an einer Schule vorbei und durch einen kleinen Park zum Fennpfuhl.



Von dem See sah man erstmal nichts, erst am Ende der Umrundung schimmerte etwas Wasser durch die Bäume. Nun führte dert Wanderweg in die Onkel-Bräsig-Straße. Die Figur des guten Onkel Bräsig stammt aus dem Roman „Ut mine Stromtid“. In der Hufeisensiedlung sind die Straßen nach Romanen von Fritz Reiter benannt. Ich lief dann durch „Hüsung“ – benannt nach dem sozialkritischen Werk „Kein Hüsung“, mit dem Reuter 1858 viel Aufmerksamkeit erhielt.



Der Entwurf der Hufeisensiedlung stammt von Bruno Taut. Der Architekt wurde durch „Das Monument des Eisens“ bekannt. Das war ein Ausstellungspavillon des Deutschen Stahlwerksverbandes und des Vereins deutscher Brücken- und Eisenbaufabriken auf der Internationalen Baufach-Ausstellung 1913 in Leipzig auf dem Alten Messegelände. Der Pavillon wurde leider nach der Ausstellung wieder abgetragen. 1927 baute Taut die Villa des Leipziger Schauspielhausdirektors Wilhelm Berthold in der Offenbachstraße 10 in Markkleeberg-West (früher Gautzsch).



Nach ungefähr zwei Stunden war ich wieder an der Bäckerei Caliskan, wo es Stempel und einen Kaffee gab. Dann ging es mit drei U-Bahnen zurück zum Hauptbahnhof.
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